Schlachtentag

15. Oktober 2022

2021 … Corona, auch in den Hügeln über Jena
Das Zusammenfinden zu kriegerischen Handlungen kann sich schädlich auf die Gesundheit der Beteiligten auswirken und Menschenleben gefährden. Die Nachstellung der Schlachten von Jena und Auerstedt fällt daher aus.

1806 … Cospeda, in den Hügeln über Jena
Im Oktober 1806 kämpft man hierherum und anderswo die Schlachten von Jena und von Auerstedt.
Imperator Napoleo, corona Franciae, vincit … Napoleon gewinnt. Es ist die Rede von 47900 Mann, die Leben, Gesundheit oder Freiheit verlieren. Manche Mutter, Geliebte, Braut oder Frau mag sogar froh sein, wenn der Alte nicht mehr heim kommt.

2022 … Europa
Seit Monaten tägliche Kriegsnachrichten liegen mir wie Steine auf der Brust.

2022 … Cospeda, in den Hügeln über Jena
215+1 Jahre Schlachten von Jena und Auerstedt finden statt.
Als ich aus dem Auto steige, hallt ein Kanonenschuß. Der Krieg hier oben ist schon in vollem Gange und ich bin zu spät. Es wummert hinter den Häusern. Das Schlachtfeld ist abgesperrt. Gewehrfeuer knattert. Die Leute am Einlass winken mir freundlich zu, ich darf ohne Schein passieren. Wieder Kanonen. Pferdemist auf der Straße. Männer, die außer Atem, aber enthusiastisch Hurra brüllen. Doch gegen Gewehrsalven kommen sie nicht an.

Nun kann ich den Rauch der Waffen sehen. Hinter Absperrungen marschieren Menschen in altmodischen Hosen, ungewohnten Jacken und zu großen Hüten. Hügelauf und hügelab tragen sie ihre Gewehre und Spieße, stolpern über Maulwurfshügel und fallen, weil es zum Spiel dazugehört.
Es ist wie in einem großen Schachspiel, so wie damals in den Parks.

Vor den Absperrungen Menschen. Gucken gebannt, schlendern entspannt, rot-weißes Flatterband trennt sie von den Soldaten. Picknickdecken, Nudelsalat und Schokokuchen, Kaffee und Piccoloflaschen. Oh ja, ein Bier hätte ich auch gern, aber  eine Schwadron Berittener schneidet mich von der Versorgung ab. Der Kaiser, höre ich, kommt extra aus Amerika. Jedesmal. Paulchen soll doch mit seinem Schwert nicht die Oma schlagen, das tut der doch weh! Nein Tine, mit Gewehren zielt man nicht auf Hunde! Paulchen …!!!! Ja Dudley, nachher gibt es noch mal Zuckerwatte. Siehste Paulchen, das kommt davon! Doch doch, Kristin, du darfst dich bestimmt mal auf ein Pferd setzen. Jetzt heul nicht, Paulchen!

Überall Fotoapparate, ich weiche Videokameras aus. Immer wieder Selfi-Blitzgewitter.

Irgendein Sieg zeichnet sich ab. Wo nicht mehr taktisch marschiert und geschossen wird, verschwinden die Soldaten vom Schlachtfeld.

Verwundete  rappeln sich auf.  Wenn einer tot war, hilft ihm jetzt der Gegner aus dem Gras. Hier wird geraucht, dort klopft man sich den Dreck vom Tornister. Oder auf die Schulter. Männer und Frauen begrüßen sich wie alte Bekannte oder tauschen Adressen aus. Vermutlich geht es nicht nur um Uniformschnittmusterbögen.
Eine Husarin fachsimpelt mit dem Geschützführer der gegnerischen Kanone. Der darf mal mit ihrem Säbel rumfuchteln, hört aber sofort auf, als das Pferd unruhig wird.

Beim Troß stehen Sieger und Besiegte zusammen. In der Schlange zum Bierzelt wird gelacht, am Grill mehrsprachig gesungen. Dazwischen wuseln Nichtkombattanten, buntes Volk, fliegende Händler, Kinder, Frauen, Männer, Omas, Opas, Jogger, Radfahrer, Hunde und Besoffene.

Doch, ein guter Tag

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