Wolfsland

08. Januar 2023

Der Wolf ist im Land. Und vor Rügen wurde ein Hering gesichtet. So ein Hering in der Ostsee ist ja mittlerweile schon besonders.

Überall im Land interessieren mich Wölfe so wie Schneeglöckchen im Nachbargarten.
Hier nehme ich den Wolf persönlich, weil er da ist. Ich weiß, daß er hier ist. Weil die Menschen über ihn reden. Weil es Fotos gibt. Daß er mir unsichtbar bleibt, nehme ich ihm übel.

Ein kleines Dorf in der Lausitz, am Rand der Welt, am Rand der Autobahn und des verbotenen Landes.
Hier gibt es ein Küchenfenster mit Aussicht auf den Wolf. Wenn der sich mal zeigen würde. Früher wurde im Dorf nur geraunt, wenn es um den Wolf ging. Spricht man heute über ihn, klingt es, als hätte man beim Einkauf die Packung Mehl vergessen.

Der Wanderweg am Dorf vorbei ist über viele Kilometer die Kante zum verbotenen Land. Früher waren dort Bergbau und leuchtende Zukunft. Dann nur noch Zukunft. Und jetzt Lebensgefahr. Das Grundwasser kehrt zurück und lässt sich durch den Menschen nicht bezwingen. Nicht in der Eile, die wir fordern. Geschundenes Land nimmt eine Auszeit. Es unterspült Landwirtschaft, Projekte und Hoffnungen. Ist dann mal für Jahre weg.
Dort lebt der Wolf.

Wenn ich um das Dorf spaziere, weiß ich, in Gestrüpp, Gebüsch und Dickicht neben mir steckt er! Der Wolf oder die Wölfin schauen mir nach. Vielleicht haben sie Kinder dabei. Ihre Augen funkeln in Vorfreude auf den Moment, wenn ich ohne Fotoapparat bin.

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